Thursday 23 November 2006

Wahlkampfnotizen

In Venezuela stehen die Praesidentschaftswahlen vor der Tuer (am 3.12.). Die Rhetorik des Regierungsteams um Chavez gleicht dabei immer mehr den kubanischen Revolutionsparolen (inklusive dem Slogan "patria o muerte"). Die Diktion des Praesidenten ist klar: Eine Stimme fuer ihn ist eine Stimme gegen den Teufel und gegen das Imperium. Auch die Schlussfolgerung ex negativo, dass eine Stimme fuer den Gegenkandidaten Rosales eine Stimme fuer den Teufel und fuer das Imperium (was auch immer das sei) ist, wird plakatiert. Chavez spricht davon, dass nach einigen Jahren der Initialisierung des revolutionaeren Prozesses nach den Wahlen ein 20jaehriger Transformationsprozess beginnen wird. Die Verfassung muesste natuerlich noch entsprechend angepasst werden, damit er als Revolutionsfuehrer das Projekt "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" auch weiter leiten koennte und sich nicht staendig durch Wahlen oder aehnlichen Quatsch aufhalten lassen muss. Wahlen sind ja eigentlich auch gar nicht noetig, denn Chavez ist das Volk (sic!) und somit regiert das Volk ja sowieso. Die Wirklichkeit im Lande ist abseits der Parolen wesentlicher trister. Diese Woche bestaetigte eine neue Untersuchung der UN, dass in Venezuela beinahe 3 Millonen Menschen von weniger als 1$ pro Tag leben, weitere 7 Millionen von weniger als 2$. In einem Land mit 26 Millionen Einwohnern ist also beinahe die Haelfte unter der von der UN definierten Armutsgrenze. Fuer die wirklich Armen in Venezuela hat sich in den letzten Jahren so gut wie nichts geaendert.
Der Gegenkandidat Rosales hat es in den letzten Wochen tatsaechlich geschafft, die zerstrittene und schwache Opposition zu einen und gewinnt auf den letzten Metern kraeftig an Sympathie. Auf Seiten der Regierung verschaerft sich daher der Ton. In einem der staatlichen TV-Sender kann man studieren, was Propaganda heisst. In Diskussionsrunden wird eroertert wieso Chavez eigentlich so toll ist und per Videobeweis der Gegenkandidat der Luege ueberfuehrt. Die Werbepausen bestehen aus Werbespots fuer die Regierung und Warnungen vor dem Wegfall aller Sozialleistungen, falls die Opposition gewinnen sollte. Aufgelockert wird das Ganze dadurch, dass an den Wahlkampfstaenden nicht Infomaterial verteilt wird sondern singend und tanzend die Weisheit des Praesidenten gepriesen wird.
Seit dieser Woche sind die Wahlbeobachter der EU und der Jimmy Carter Stiftung im Land, um die Rechtmaessigkeit der Wahlen und des Auszaehlungsprozesses zu ueberwachen. Das Ergebnis am 3. Dezember wird wohl recht knapp ausfallen, es bleibt nur zu hoffen, dass beide Seiten das Resultat, wie im Wahlkampf versprochen, akzeptieren werden.... a ver

2 comments:

Unknown said...

1A-Lagebeschreibung, ich kann mich noch an deine Aussage vor gut 1 1/2 Jahren erinnern "Ja Till, du musst es mal so sehen, es gibt doch nichts spannenderes als einer Demokratie zuzusehen, die gerade erst noch am entstehen ist"...

Viel Spass im Jungel, und denk dran: Jeder Hippi muss mal Pippi!

Unknown said...

bleibt vor allem abzuwarten, ob rosales als präsident diese verheerende armutsstatistik wird verbessern können (*grossezweifelheg*). perez, caldera (und wie sie alle heissen) sind daran auch bzw. teilweise noch viel kläglicher gescheitert.